Zero Trust in der elektronischen Patientenakte: Funktionierende Praxistipps

Während einer unserer Online-Usability-Tests hielt ein Arzt inne, nachdem er versucht hatte, auf die Patientenakte zuzugreifen. Das System forderte eine erneute Authentifizierung an (nichts Ungewöhnliches in einem Zero-Trust-Modell), aber die Meldung war abrupt und unklar. Sie blickte in die Kamera und sagte: „Ich verstehe, warum das hier ist, aber es hat sich so angefühlt, als hätte ich etwas falsch gemacht.“

Design im Gesundheitswesen bedeutet, die richtigen Menschen während ihrer hochverantwortlichen Arbeit vertrauensvoll zu unterstützen. Es geht darum, Daten zu schützen – und gleichzeitig die Nutzererfahrung zu bewahren.

Wenn Sie 2025 ein System für elektronische Gesundheitsakten (EHR) entwickeln, sollte Ihr Leitsatz sein: Zero Trust von innen nach außen gestalten. Hier sind konkrete, praxistaugliche Tipps, wie das gelingt:

1. Beginnen Sie mit Identität, nicht mit Zugriff

In traditionellen Systemen erfolgt der Zugriff nach dem Login. In einem Zero-Trust-System ist Identität der Ausgangspunkt – und wird niemals vollständig vertraut. So entsteht Vertrauen bei Patienten und Fachpersonal, ohne sie zu überfordern.

Design-Tipp:

  • Mehrstufige Identitätsprüfung: Biometrie + Passwort (2FA als Standard)
  • Sitzungsbasierte Verifikation (z. B. bei sensiblen Daten)
  • Visuelle Indikatoren: z. B. „Verifizierte /r Kliniker /in“ neben dem Namen

2. Gestalten Sie nach dem Prinzip „Minimal notwendiger Zugriff“

Zero Trust heißt: Niemand bekommt mehr Zugriff, als er wirklich braucht. Begrenzte Ansichten sollen sich dabei nicht wie Einschränkungen anfühlen.

Design-Tipp:

  • Rollenbasierte Oberflächen:
    • Pflegekräfte sehen Vitalwerte und Medikamente
    • Verwaltung sieht Abrechnung und Terminpläne
    • Ärzte erhalten komplette Akten mit Begründungsverlauf

3. Logging sichtbar machen

Jede Aktion sollte protokolliert werden – aber ohne Reibung.

Design-Tipp:

  • Mikrointeraktionen erfassen still:
    • Wer hat was wann, wo, auf welchem Gerät angesehen
  • Gleichzeitig Transparenz für den Nutzer:
    • „Diese Sitzung wird zur Gewährleistung von Sicherheit und Integrität protokolliert.“

4. Zero Trust ≠ Null Benutzerfreundlichkeit

Sicherheit muss sich nicht schwer anfühlen. Denken Sie an Apple Face ID: sicher, schnell, unauffällig. Ihr EHR-System sollte ebenso intuitiv sein.

Design-Tipp:

  • Sitzungen sanft ausblenden statt abrupt zu beenden
  • Re-Authentifizierung per Biometrie oder Magic Link
  • Fortschrittsanzeigen bei Datenabruf aus geschützten Quellen

5. Jeder Gerätetyp ist potenziell unsicher

Zero Trust bedeutet: Ob Handy, Tablet oder Klinikterminal – jedes Gerät ist ein potenzielles Risiko.

Design-Tipp:

  • Sitzungshistorie visuell darstellen (z. B. letzte Logins, Gerätetypen)
  • Veraltete Betriebssysteme blockieren – mit freundlicher Hinweismeldung:
    • „Bitte aktualisieren Sie Ihr Gerät, um auf Patientendaten zugreifen zu können.“
  • Device-Fingerprinting mit minimaler Störung einsetzen

6. Audits als Teil der Benutzeroberfläche

In klassischen Systemen laufen Audits im Hintergrund. Im Zero-Trust-Modell sind sie sichtbarer Bestandteil der Anwendung.

Design-Tipp:

  • Benutzer sehen ihre eigenen Zugriffshistorien
  • Patienten erhalten ebenfalls Einblick:
    • „Dr. Lim hat Ihre Akte am 22. Mai eingesehen.“
  • Admin-Dashboards mit Filtern nach Datum, Rolle oder Risikolevel

7. Standard: Erklärbarkeit

Fehlermeldungen führen oft zu Frust. Zero Trust bringt mehr dieser „Hindernisse“ mit sich – aber gute Gestaltung kann sie entschärfen.

Design-Tipp:

  • Fehler durch Kontext ersetzen:
    • „Zugriff verweigert. Diese Datei ist nur für OP-Teams freigegeben.“
  • Mit Symbolen oder Animationen gesperrte Pfade freundlich markieren
  • Eskalationsmöglichkeiten einbauen: z. B. „Zugriff anfordern“ oder „Admin benachrichtigen“

Fazit

Beim Design eines Zero-Trust-EHR-Systems geht es um mehr als Berechtigungen und Protokolle. Es geht darum, unsichtbare Leitplanken zu schaffen, die den Pflegefluss stützen.

Ein gutes EHR-System erzwingt nicht nur Sicherheit – es kommuniziert sie: ruhig, klar und mit Respekt gegenüber den Menschen, die es nutzen.

Genau dieses Vertrauen ist am wichtigsten.